Peutelstein
Peutelstein befindet sich etwa auf 2/3 des Weges von Toblach nach Cortina d'Ampezzo. Dieser frei stehende Felsspitz, welcher im Osten fast senkrecht in die Felizon-Schlucht und im Südwesten steil in das Boite-Tal abfällt, bietet in alle Richtungen eine hervorragende Umsicht. Dieser Umstand dürfte wohl mit ein Grund dafür gewesen sein, dass Peutelstein wahrscheinlich schon im 7. Jahrhundert befestigt wurde. Mit dem Untergang des Römischen Reiches, wurde Peutelstein zum strategischen Grenzbereich zwischen den diversen Völkern, die das Gebiet besiedelten. Vom Westen drangen die Bajuwaren ins Pustertal vor, vom Osten die Wenden (Slawen), der Cadore wurde aus der südlichen Ebene heraus, durch die Langobarden erschlossen. Ein richtiges Schloß dürfte um das Jahr 1100 entstanden sein (1), als der Patriarch von Acquleia das Friaul mit dem Cadore von Kaiser Heinrich IV als Schenkung erhielt. Zum ersten Mal wird Peutelstein urkundlich 1175 in einem Kaufvertrag eines angrenzenden Grundstückes erwähnt (2). Peutelstein blieb mit wenigen Ausnahmen (1412-1418 Protektorat über den Cadore seitens Friedrich von Habsburg) im Besitz der Patriarchen von Aquileia. Nach dem Zerfall des Patriarchats von Aquileia 1420, fiel das Cadore Gebiet samt Peutelstein an die Republik Venedig. Unter den Venezianern wurde die Burg ausgebaut und weiter befestigt.
Nur wenige Tage nachdem Maximilian I in Trient zum Römischen Kaiser deutscher Nation gekrönt wurde (eine Krönung durch den Papst in Rom, war durch die Verweigerung Venedigs zur Durchreise verhindert worden), führte der Kaiser seine Truppen Richtung Cadore und belagerte am 22.Februar 1508 das Schloß Peutelstein. Nachdem die kaiserlichen Truppen über Misurina und Tre Croci Pass, Peutelstein umgangen hatten, drangen sie weit in den Cadore vor. Zu weit, wie sich später herausstellen sollte. Wiederum durch Umgehung, gelang es den Venezianern die kaiserlichen Truppen bei Rusecco zu umzingeln und vernichtend zu schlagen. Dabei wurde auch ihr Befehlshaber, Sixtus Trautson, mit Frau und Tochter und fast der gesamten Soldatenschaft niedergemetzelt (3). Die Antwort Maximilians ließ nicht lange auf sich warten. 1510 wurde der Cadore mit Schwert und Flamme unterworfen. Peutelstein wurde wiederum belagert, konnte sich aber Dank der geschützten Stellung noch einmal retten. Erst am 13.Oktober 1511, als Maximilians Truppen mit modernster Artillerie (Hauptstücke, Scharfmetzen, Singerinnen und Notschlangen) auffuhren und durch eine Absperrung unterhalb des Burgfelsens jegliche Rückzugmöglichkeit ausgeschlossen war, ergaben sich die Verteidiger nach heftigem Beschuss, am 18.Oktober. Am 21. Oktober nahm Maximilian von Habsburg persönlich Besitz von dem eroberten Schloß Peutelstein und reiste dann weiter nach Ampezzo um vom Rat der Familienoberhäupter Unterwerfung und Treue einzufordern. Dies geschah und im Gegenzug erkannte Maximilian I, althergebrachte Statuten und Privilegien der Ampezzaner an. So kam Peutelstein und Ampezzo (Hayden) zu Tirol bzw. Österreich (bis 1918).
In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde Peutelstein zwar mehrmals repariert, der Gesamtzustand ließ jedoch, besonders aber hinsichtlich der Unterbringung der Wachmannschaften, zu wünschen übrig. 1619 wurde Peutelstein noch einmal grundlegend umgebaut und es entstand ein einheitlicher Komplex mit einem ungleichmäßigen Achteck im Grundriss. Im 18. Jahrhundert verlor Peutelstein immer mehr an strategischer Bedeutung und wurde 1752 dem österreichischen Militär übertragen. Peutelstein zerfiel zusehends und wurde schließlich auf Befehl des österreichischen Militärs um 1867 abgerissen (4). An seiner Stelle hatte man einen riesigen Festungsbau (im Stil von Franzensfeste) geplant, zum Bau desselben es glücklicher Weise nie gekommen ist.
Quellennachweis
(1) Giuseppe Richebuono, Il castello di Botestagno in Ampezzo, Cortina d'Ampezzo 1994, Seite 13
(2) Mario Ferruccio Belli, Storia di Cortina d'Ampezzo, Tamari Editori Bologna, 2.Auflage 1974, Seite 60
(3) Bruno Bresciani, Il castello di Botestagno in Ampezzo, Edizione Cassa di Risparmio Verona, Vicenza e Belluno, 1953, Seite 36, 38
(4) Daniel Freiherrn von Salis Soglio, Mein Leben, Band 2, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart und Leipzig, 1908, Seite 9