Die Bäder
Die Badekultur im Pustertal kann auf eine bis in die Antike reichende Tradition zurückblicken. In der Blütezeit der Thermen in Aguntum (1.-3. Jahrhundert n. Chr.) stellten diese den kulturellen und sozialen Mittelpunkt der römischen Stadt dar. Daher wurden die Thermen mit viel Aufwand ausgestattet, so mit Türschwellen, Wandverkleidungen aus Marmor, Wandmalereinen und Mosaiken (1). Die ersten tiroler Bäder (auch Bauernbadl genannt) gehen bis auf das 16. Jahrhundert zurück. Diese Wildbäder entstanden als Heilquellen und dienten dem Erholungsbedürfnis der vorwiegend einheimischen Bevölkerung. Die Heilbäder wurden von Kranken aufgesucht, um dadurch die unterschiedlichsten körperlichen Gebrechen und Leiden zu kurieren. Die Sommerfrischbäder dienten der Entspannung, Erholung und Stärkung des Körpers (2). Heinrich Noe, Verfasser von diversen Reiseführern und ausgezeichneter Kenner Tirols, bezeichnete das Pustertal als: "das Thal der Heilquellen uns Sommerfrischen" (3). Da der Aufenthalt in den Bädern auch mehrere Wochen dauern konnte, bildeten sich häufig so genannte Badegesellschaften. Diese interessierten sich meist weit mehr um das gesellschaftliche Treiben, Unterhaltung und Tanzen, aber auch um das leibliche Wohl durch Essen und Trinken, als um wohltuende Kuren. Um den Exzessen entgegenzuwirken, wurden vielerorts einschlägige Badeordnungen erlassen. Im 18. und 19. Jahrhundert gesellten sich zu den einheimischen Benützern, auch wohlhabende Bauern und Händler aus anderen Gegenden Tirols, häufig aus dem Etschtal, um in den heißen Sommermonaten dem schwülen Klima der sumpfigen Talebene zu entfliehen. Mit dem aufkommenden Fremdenverkehr, wurde ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die traditionell bäuerliche Besucherschaft, hauptsächlich in den größeren Bädern, mehr und mehr an den Rand gedrängt und von einer zahlungskräftigeren und sozial höher gestellten Klientel ersetzt.
Bad Maistatt befindet sich etwa auf halbem Weg zwischen Toblach und Niederdorf und ist am Waldrand der südlichen Talseite gelegen. Es dürfte bereits vor dem 16.Jahrhundert entstanden sein. Der Überlieferung nach soll Kaiser Maximilian I, während seiner Aufenthalte auf der Herbstenburg in Toblach, anlässlich des Krieges gegen die Republik Venedig, das nahe gelegene Wildbad öfters zur Erholung genutzt haben. In wie weit der Name Maistatt von seiner "Majestät" abgeleitet werden kann, bleibt ungewiß. Zur Erinnerung daran, soll in einem ursprünglichen Holzgebäude ein Wandgemälde angefertigt worden sein. Als dieses Gebäude aus Altersschwäche abgerissen werden mußte, soll eine Kopie an die Decke des noch heute bestehenden, grossen Speisesaals übertragen worden sein (4). Um die Jahrhundertwende befand sich Bad Maistatt im Besitz der Familie Ebner, verfügte über ca. 80 Betten und war auf Magenleiden spezialisiert (5).
Auch das Weiherbad liegt zwischen Toblach und Niederdorf, jedoch am Talboden und in unmittelbarer Nähe zum Fluß Rienz. Das Bad befand sich im Besitz der Familie Grasser, verfügte über 35 Betten und wurde vorwiegend von Frauen besucht (6).
Bad Altprags liegt im gleichnamigen Tal und dürfte vermutlich schon vor 1500 errichtet worden sein. Dort soll sich schon vor dem 15. Jahrhundert die zweite Gemahlin des Grafen Leonard von Görz, Paula von Gonzaga. aufgehalten haben, die aus Dankbarkeit für Ihre Heilung von heftigen Gliedschmerzen das Magdalenenkirchlein in Moos bei Niederdorf errichten ließ, welches 1493 eingeweiht wurde (7). Bad Altprags war im Besitz von Josef Mittich und verfügte über etwa 200 Betten. Es diente sowohl Sommerfrischlern, als auch Heilbedürftigen mit Unterleibsleiden, Gicht, Rheumatismus, Lähmungen, Nervenleiden, etc.
Bad Neuprags, früher auch Möselbad genannt, befindet sich im rechten Talast des Pragsertales, entlang der Straße welche zum Pragser Wildsee führt. Das Bad war im Besitz von Josef Oberhammer und wurde hauptsächlich von Sommerfrischlern bevorzugt, welches die ruhige Lage und Abgeschiedenheit schätzten. Es wurde besonders bei Lähmungen, Muskelschwäche und Hautausschlägen empfohlen (8).
Das Wildbad Waldbrunn ist am südlichen Berghang in Welsberg gelegen und gehöhrte der Familie Böhm.
Unweit von Innichen, nur wenige Gehminuten von der Hauptstraße nach Sexten entfernt, liegt das Wildbad Innichen. "Man ist überrascht mitten im Wald ein solches Gebäude zu finden, wie das Wildbad Innichen. Es verdient in jeder Beziehung eines der ersten Bäder Tirols genannt zu werden. Nicht nur weil die Quellen (Schwefelwasser, Kupferwasser, Magenwasser) wirkliche Heilquellen sind, was man von vielen Bädern Tirols nicht behaupten kann, nicht nur, weil man hier in der Person des Dr. Schreiber einen anerkannt, sehr tüchtigen Arzt findet, sondern auch wegen der Grösse der Baulichkeiten und der Stärke des Besuches. Das Bad findet aus ganz Tirol seinen Zuspruch und auch die benachbarten Italiener kommen mit Vorliebe hierher. Dazu kommt, dass Dr. Schreiber im Interesse seiner Gäste fast immer eine vortreffliche Küche führt, während die Nähe von Innichen und Sexten den Badgästen fortwährende Abwechslung bietet (9). Das Wildbad Innichen verfügte über etwa 100 komfortable Zimmer.
Bad Moos ist am Eingang des Fischleintales gelegen und gehöhrte eher zu den kleineren Bädern des Pustertales. Es wurde vorwiegend von der einheimischen Bevölkerung und jener der angrenzenden italienischen Gebiete genutzt.
Bad Weitlansbrunn befindet sich am südlichen Waldrand des Weilers Arnbach in der Gemeinde Sillian. Es befand sich im Besitz von Josef Jesacher und wurde zur Sommerfrische stark besucht.
Quellennachweis
(1) Elisabeth Walde und Gerald Grabherr, Auguntum, Museum und archäologischer Park, Curatorium Pro Agunto, 1.Auflage, Dölsach, 2007, Seite 173, 174
(2) Anton Stoll, Die Entwicklung des Hochpustertaler Fremdenverkehrs von seinen Anfägen bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, Dissertation, Innsbruck, 1980, Seite 45
(3) Heinrich Noe, Winter und Sommer in Tirol, Waldheim, 1876, Seite 152
(4) Bruno Bresciani, Il castello di Botestagno in Ampezzo, Edizione Cassa di Risparmio Verona, Vicenza e Belluno, 1953, Seite 47
(5) Karl Baedeker, Handbuch für Reisende, Südbayern, Tirol und Salzburg, Leipzig 1908, Seite 470
(6) idem
(7) Mader Ignaz, Die Bäder und Heilquellen im Hochetsch, Bozen, 1929, Seite 113 ff.
(8) Jos.A. Roracher, Bruckmann's Illustrierter Reiseführer, Toblach und das Ampezzotal, zweite Auflage, A.Bruckmann's Verlag München, Seite 26
(9) Paul Grohmann, Wanderungen in den Dolomiten, Wien 1877, Seite 16