Brauereien
In der Mitte des 19.Jahrhunderts, entstanden auf dem Gebiet der Gemeinde Toblach zwei Bierbrauereien; die erste im Weiler Rienz, eine zweite im Höhlensteintal in Landro. Erst die 1829 eröffnete Reichstrasse durch das Höhlensteintal nach Hayden (Ampezzo) und der Ausbau der Pustertalstraße 1833, haben die verkehrstechnischen Voraussetzungen geschaffen, um größere Mengen einer industriell gefertigten Bierproduktion, auch außerhalb des lokalen Marktes abzusetzen.
In der Rienz findet man erste Hinweise einer Bierherstellung im Jahre 1837, als Josef Panzl, Bierbrauer aus Windisch-Matrei, das Areal erwirbt und neben einer bestehenden Mühle eine Bierbrauerei errichtet (1). Der nahe Fluss Rienz bot ideale Voraussetzungen hinsichtlich Wasser und Wasserkraft. Auf dem Gelände jenseits der Rienz, wurde ein großflächiges Wasserbecken zur Eisgewinnung im Winter angelegt (2). Bereits am 4.April 1840 ist Panzl veranlasst, wahrscheinlich aufgrund zu hoher Verschuldung, das gesamte Unternehmen an Johann Reichholf, Sohn des Bierbrauers Josef Reichholf in Mittesill, zu veräußern (3). Zum ersten Mal scheint in diesem Zusammenhang, Johann Harrasser, Spediteur aus Niederdorf, als Gläubiger auf. Jedoch auch Johann Reichholf konnte die Brauerei nur für kurze Zeit bewirtschaften und so ging die Konkursmasse wieder an die Gründerfamilie, Maria Hausbacher, geborene Panzl, zurück (4). Die Witwe Hausbacher übertrug die Leitung der Brauerei an ihre erst zwanzig jährige Tocher Emma. Diese heiratete später Josef Hellenstainer und wurde zu der in der ganzen Monarchie berühmten Wirtin des Schwarzen Adlers in Niederdorf. Die Brauerei wechselte in den darauffolgenden Jahren noch einige Male Besitzer, bis Lorenz Meilinger, welcher das Unternehmen schon vorher als Pächter geführt hatte, 1850 erwarb. Lorenz Meilinger verstarb 1865 und zwei Jahre später, am 21.Februar 1867, scheint Johnann Harrasser als Eigentümer der gesamten Liegenschaft auf, nachdem er diese aus der Konkursmasse des verstorbenen Lorenz Meilinger, übernommen hat (5). Johann Harrasser war 1810 in St. Lorenzen geboren und mit Theres Oberhammer aus Aufkirchen in zweiter Ehe verheiratet. Als Spediteur verfügte er über die notwendigen Erfahrungen und Verbindungen um den Absatzmarkt für das Bier aus der Rienz, weit über den lokalen Markt hinaus, bis nach Venetien, Österreich-Ungarn, ja sogar nach Deutschland, zu erweitern. Lieferungen in weiter entfernte Regionen, konnten durch die 1871 fertiggestellte Pustertalbahn, besonders wirkungsvoll durchgeführt werden.
Johann Harrasser starb 1882 in Niederdorf. Aus den Nachfolgern ging die Brauerei der Geschwister Harrasser hervor. Um 1900 wurden umfangreiche Investitionen zur Modernisierung der Produktionsanlagen durchgeführt; so wurde ein neues Sudhaus und ein eigenes Turbinenhaus errichtet. “Mit großem Kostenaufwand haben die Geschwister Harrasser in den letzten Jahren aus der früheren ganz ansehnlichen kleinen Brauerei in der Rienz, eine Brauerei ersten Ranges aufgebaut und es soll, wie Sachverständige erklären, in dieser Zusammenstellung keine zweite Brauerei in der Monarchie bestehen. Dieselbe ist mit Maschinen der neuesten Erfindungen ausgestattet und es können pro Jahr 60.000 hl Bier erzeugt werden. In letzter Zeit wurde das Sudhaus vollendet und dasselbe ist, mit kurzen Worten gesagt, das Schmuckkästchen der ganzen großen Anlagen. Die Einführung des Toblacher Bieres hat in kurzer Zeit eine weite Verbreitung erfahren und nicht nur im Pustertale und den Seitentälern, in ganz Südtirol und Oberitalien trifft man überall “Toblacher Bier”, was wohl der beste Beweis für dessen Güte ist” (6). Etwa zwei Jahrzehnte zuvor, hatte sich Paul Grohmann hinsichtlich der Qualität des Bieres aus der Rienz, noch eher zurückhaltend geäußert: „Eine Viertelstunde beiläufig genügt vom Dorfe Toblach in die Rienz, wo wir eine recht hübsche Lage und ein Bräuhaus finden mit gewöhnlich ziemlich gutem Bier“ (7).
Mit dem Ausbruch des 1.Weltkrieges, kam die Herstellung der Brauerei in der Rienz zum Erliegen. Rohstoffmangel, Abzug des Personals zum Kriegsdienst, machten eine Weiterführung des Unternehmens unmöglich und schließlich befand sich die Brauerei ab Frühling 1915 selbst im Schussfeld der italienischen Artillerie. Durch den Verlust wichtiger Absatzmärkte, infolge der neuen Grenzziehung gemäß dem Friedensvertrag von Saint Germain, war an eine Wiederinbetriebnahme der Brauerei nach dem 1. Weltkrieg nicht zu denken.
Gegenüber der k.k. Postmeisterei in Höhlenstein, erbaute Josef Fink, wohlhabender und tüchtiger Gratschwirt, im Jahre 1857 ein Bräuhaus. Den Grund hierzu hatte er von Josef Baur, dem berühmten Hotelier und k.k. Postmeister aus Höhlenstein erstanden. Hinter dem eigentlichen Bräuhaus befand sich eine Mühle bzw. Schmiede, welche zwar in gemeinschaftlichen Eigentum verblieb, jedoch der ausschließlichen Nutzung, zum Mahlen des Malzes, dem Besitzer des Bräuhauses zustand (8).
Im Jahr 1862 übergab Josef Fink sen. die Brauerei an seine Söhne Johann und Josef jun. Bedingt durch die hohe Ablösesumme, die allgemeine Verschlechterung der Wirtschaftskonjunktur, aber wohl auch durch den mäßigen Geschäftssinn der beiden Söhne, befand sich das Bräuhaus Fink, schon bald in einer finanziell sehr angespannten Lage. Der Vater erkannte zu spät, dass er die Söhne mit der hohen Übergabesumme allzu sehr belastet hatte. Schon im Jahre 1864 scheint Johann Harrasser, Spediteur aus Niederdorf, als größter Gläubiger der Finkischen Brauerei auf. Als Johann Harrasser 1867 die Brauerei in der Rienz erwarb, konnte dieser wohl kaum ein Interesse daran haben, dass im nahe gelegenen Höhlenenstein ein unliebsamer Wettbewerb fortbestand. So kam es, dass Johann Harrasser 1871 eine Zwangsvollstreckung beantragte und 1873 das Eigentum der Brauerei Fink und den Anteil an der Mühle in Höhlenstein übernahm (9). Harrasser hat später das Gebäude der Brauerei an Josef Baur verkauft, welcher es zum Zwecke der Erweiterung seiner Hotelkolonie 1903 endgültig umgebaut hat. Der wirtschaftliche Ruin der Familie Fink, war auch von ihrem Anwesen und der Gastwirtschaft in der Gratsch, nicht mehr abzuwenden.
Quellennachweis
(1) W.D. Speckmann, Bierland Südtirol, Eine Chronik des Brauwesens und der Brauereien Toblach (Rienz), Südtirol in Wort und Bild, Südtirol Verlag, München, 44.Jahrgang, II.Quartal 2000, Seiten 24-27.
(2) Diese als “Harrasa Seabl” bekannte Anlage, wurde noch lange nach Einstellung der Brauerei, im Sommer als Planschbecken und im Winter als Eislaufplatz verwendet. In der Zwischenkriegszeit fanden auf dem Eislaufplatz, faschistische Großsportveranstaltungen statt. Siehe: www.archivioluce.com; Giornale Luce B1256, 23/02/1938, Dobbiaco. Gare di pattinaggio femminile durante il raduno della G.I.L.
(3) W.D. Speckmann, Bierland Südtirol, Eine Chronik des Brauwesens und der Brauereien Toblach (Rienz), Südtirol in Wort und Bild, Südtirol Verlag, München, 44.Jahrgang, II.Quartal 2000, Seiten 24-27.
(4) idem
(5) idem
(6) Pustertaler Bote, Nr. 45 vom 11.11.1919, Zweiter Bogen, 60.Jahrgang, Seite 5.
(7) Paul Grohmann, Wanderungen in den Dolomiten, Verlag von Carl Gerold’s Sohn, Wien, 1877, Seite 238.
(8) W.D. Speckmann, Bierland Südtirol, Eine Chronik des Brauwesens und der Brauereien Höhlenstein, Südtirol in Wort und Bild, Südtirol Verlag, München, 43.Jahrgang, III/IV.Quartal 1999, Seiten 34-37.
(9) idem